Die Medizin spricht oft davon, den «Patienten in den Mittelpunkt zu stellen». Dank «Empowerment» und «Shared Decision-Making» können Patientinnen und Patienten mit Blick auf die medizinische Behandlung heute vieles mitbestimmen und entscheiden. Wenn es aber darum geht, wie sich die Medizin organisiert oder ihre Ziele und Prioritäten festlegt, können sie sich nur schwer Gehör verschaffen. Hier sieht die SAMW Handlungsbedarf.
Die zunehmende Bedeutung der Patientenorganisationen ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat das Gleichgewicht der Kräfte im Gesundheitswesen grundlegend verändert. Trotzdem liegt noch ein weiter Weg vor uns. Im Jahr 2019 betonte Susanne Hochuli als Präsidentin der Patientenorganisation SPO im SAMW-Bulletin die Notwendigkeit, die Kräfte der Patientinnen und Patienten mit denen der gesunden Menschen zu bündeln. Das erklärte Ziel ist, dass die Stimme der Bevölkerung in dem vollständig über Versicherungsprämien und Steuern finanzierten Gesundheitswesen mehr Gewicht erhält.
Die von Susanne Hochuli entwickelte Idee hat sich durchgesetzt: 2020 wurde unter intensiver Mitwirkung der SAMW der Verein pro-salute.ch gegründet.
Tagung «Die Macht des Patienten»
Der Stellenwert der Patientin bzw. des Patienten im Gesundheitswesen war Thema einer von der SAMW und der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) im Oktober 2019 unter dem Titel «Die Macht des Patienten» organisierten Tagung. Die Veranstaltung legte unter dem Gesichtspunkt der «Medical Humanities» offen, welchen Spannungsfeldern die Arzt-Patienten-Beziehung heute unterliegt.
Weitere Informationen über die Tagung «Die Macht des Patienten»
Patientinnen, Patienten und pflegende Angehörige
Patientinnen und Patienten, Angehörige, Versicherte und Bürger/innen können sich heute an den für ihre Gesundheit wichtigen Entscheidungen beteiligen. Mit welchen Mitteln und Möglichkeiten tun sie dies? Um Antworten auf diese Frage zu finden, beauftragte die SAMW 2016 die Stiftung Careum, die in der Gesellschaft zunehmende Bedeutung dieser Beteiligung zu analysieren. Im entsprechenden Bericht werden verschiedene Dimensionen betont, die sich insbesondere in der Wahl des Leistungserbringers, dem Engagement in den Patientenverbänden und in Zufriedenheitsumfragen ausdrücken. Eine Konsequenz dieses Berichts war die Integration der Patientinnen und Patienten in mehrere Arbeitsgruppen der SAMW.
Gesundheitskompetenz
Das Thema Gesundheitskompetenz gewinnt seit einigen Jahren zunehmend an Bedeutung. Auch in der Schweiz fällt es vielen Menschen schwer, sich im Gesundheitswesen zurechtzufinden, ihren Arzt zu verstehen oder die Symptome ihrer Krankheit festzustellen. Dies ist umso gravierender als die Gesundheit allgemein als wesentlicher Bestandteil des Lebens gesehen wird.
2015 hat die SAMW einen für die breite Öffentlichkeit bestimmten Bericht herausgegeben. Dieser wurde von Personen verfasst, für die das Thema Gesundheitskompetenz von zentraler Bedeutung ist. Das Dokument richtet sich an alle, nach deren Meinung Gesundheit mehr ist, als eine Krankheit zu überstehen, und die sich für die Zusammenhänge zwischen Gesundheit, Gesellschaftsleben, Ausbildung, Politik und Wirtschaft interessieren.
Patientensicherheit
Die Patientensicherheit ist in unserem zunehmend komplexer werdenden Gesundheitssystem eine grosse Herausforderung. Bereits 2007 hat sich die SAMW damit befasst, wie wichtig diese Dimension in der Aus- und Weiterbildung der Gesundheitsberufe ist. Sie empfiehlt unter anderem die Einführung einer Schulung in Patientensicherheit für alle Fachpersonen im Gesundheitswesen zusammen mit einem Kulturwandel im Umgang mit Fehlern. Der Sitz der Stiftung für Patientensicherheit, zu deren Gründungsmitgliedern die SAMW zählt, befand sich viele Jahre lang bei der SAMW.